Auszug aus dem Roman.
Szene aus "Lange Schatten einer dunklen Nacht"
Szene mit Rückblende in den Urlaub in Galicien, Nordswestspanien
einen schönen Schreibtisch haben Sie da, und dies Bild da, ist das die Arche Noah?“, „ja, eine Unterglasmalerei, von einem Künstler aus Senegal, habe ich mal im Völkerkundemuseum in Frankfurt gekauft, ja, und mein zweiter Schreibtisch von zuhause, ist aus Spanien, massiv, aus richtigem Olivenholz“, darauf war Christoph stolz, so konnte er sich hier wohler fühlen, „ja, der macht schon was her!“, kommentierte der Drogenfahnder, „ach ja, Sarkowski, Oberkommissar“, verabschiedete er sich.
Kapitel 3
Endlich alleine, zog Dore Christoph ins Büro, „let me explain!“, erklärte er, „Was wollen die jetzt hier? Da waren vorher schon Drogenfahnder hier, du warst grade weg, kurz vor eins, ich koche grade, mit Mohamed, da klopft es, zwei Männer kommen ins Haus, ‚Drogenfahndung, LKA‘, sagen sie, ‚wo wohnen die hier?‘, sie zeigen Fotos, Ibrahim, Mustafa, da hinten, Zimmer 23 sage ich nur, und dann ging alles so schnell, ‚raus hier!‘ und schon waren sie draußen, sie rasten mit einem Passat weg.“ „Etwa ein weißer Passat? Waren es Araber oder?“ In Christoph wurden Erinnerungen wach, drei junge Afrikaner kommen aus dem Ozean, und ein weißer Passat rast davon. Das war im vergangenen Sommerurlaub.
[Sie wollten einen geruhsamen Tag am Strand verbringen, Federball spielen, in der Sonne liegen, schwimmen, so hatte er es sich vorgestellt,
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(Copyright Babuushgirl), abends im Sand sitzen, den Sonnenuntergang genießen,
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(Copyright Babuushgirl)
aber er hatte eines vergessen, Galicien, rauhes Land, tosender Atlantik in dieser nordwestlichen Ecke Spaniens. Ein Hauch von Tang und Muscheln hing im Wind, die Zunge spürte das Salz des Meeres, meterhohe Wellen rollten von der See heran, weiße Brecher krachten hochaufschäumend auf die schwarzen Felsen, schroffe Felsen mit scharfer Oberfläche, eine von gewaltigen Naturkräften geschaffene große Raspel war dieses vulkanische Gestein, ein unachtsamer Schwimmer, hier von den gewaltigen Wogen raufgeworfen, die Haut würde es ihm aufreißen, die Haut bis aufs Fleisch runterraspeln, dermaßen scharf waren diese Felsen.
Aber hier gab es keine Schwimmer wie an den feinen Sandstränden.
Nackte, schwarze Felsen, teilweise grün überwachsen, eine schlanke Frau im hohen Gras*, inmitten des stachligen Gestrüpps, sie hob ihre Hand, beschattete ihre Augen vor der grellen Sonne, sie blickte suchend den Hang hoch, ja, da kam er. Ihre dunkelblonden Haare flatterten im Wind, rosige Haut schimmerte durch das luftige lange Seidenkleid, sanfte weibliche Rundungen unter dem leichten Stoff, „eine wunderschöne Landschaft hier, und dieser wilde Atlantik, fantastisch, diese gigantischen Felsen, schön daß du diese Fahrt auf dich genommen hast“, sie blickte den schlanken Mann verliebt an. Er kam gerade von der Kapelle La Virgen de Santa Maria des kleinen Ortes Muxia, die hoch oben auf dem Felsenbuckel wuchtig in den Himmel ragte. Freudestrahlend kam er auf sie zu, nahm sie lachend in die Arme, seine dunkelbräunlichen Haare kitzelten ihre Wangen, sie lachte hell auf, sie umarmten sich, „schön ist es hier, Schätzchen, wie schön, daß wir uns diesen Urlaub gegönnt haben.“ „Und hoffentlich kriegst du mal etwas Abstand zur Arbeit.“ „Ich hoffe schon, ist zwar das Haus von Wulf, aber das schaffen wir wohl!“ „Ist doch eigentlich ganz nett von ihm, uns das Haus so zu überlassen, er wollte doch nichts dafür, oder?“ „Na ja, bißchen merkwürdig war er schon. Zuerst sollte es einfach ganz umsonst sein…und dann…“ er hielt inne, „was dann? Wollte er dann doch was?“ „Ja, Miete, aber hat dann einen Rückzieher gemacht, nur die Kosten für Strom, Wasser, Gas, ist ja auch verständlich. Er ist ja eigentlich ganz nett, hat halt seine Probleme und, hm, ist eben etwas seltsam.“ „Wieso seltsam? Wie meinst du das?“ „Seltsam war wohl zu niedlich gesagt, viele beim IB sagen, ein Psychopath, Paranoia, sagt er manchmal selber!“ „Ach so, Paranoia? Wir sind hier also im Haus eines Psychopathen, und wieso hat er das Haus denn angeboten?“ „Ja! Das war vor dem Assessement, er hatte Angst, der Ferdinand vom Betriebsrat könnte ihn ausstechen“, „Assessement? Wieso ausstechen?“ „ du weißt doch, es ging doch um die Auswahl eines neuen Bereichsleiters, und Wulf brauchte jemanden, der ihn dabei gegen Ferdinand unterstützt, der ist doch so redegewandt, hat aber nicht viel Ahnung.“ „Und hat Wulf die denn? Der kann doch dir nicht das Wasser reichen.“ „Eben, und er wollte mich auf seine Seite ziehen, darum das Angebot, und dann, hinterher, als alles gelaufen war, da dachte er ans Geld, darum der Rückzieher. Hab es aber hingekriegt, Wort ist Wort!“
Sie waren alleine hier rausgefahren, die beiden Mädchen waren in Camelle geblieben, es war grade Fiesta de la Belleza Santa Carmen, ein kleiner Zirkus war seit einigen Tagen im Ort und brachte etliche junge Burschen mit, Katharina und Angela, grade dreizehn Jahre alt, wollten lieber im Ort Bekanntschaften machen, mit den Jungs quatschen. „Gut daß Omi das nicht weiß“, flüsterte Barbara, „die würde sich wieder aufregen, wie könnt ihr nur die Mädchen grad jetzt alleine da lassen, all die jungen Männer!“ Er legte den Arm um ihre Schulter, sie hatte schon längst seine Hüften umarmt, ihre Hand spielte wie zufällig an seinem Hosenbund, rutschte beiläufig den Po runter, spielte an den Gesäßtaschen. „Dahinten sind höhere Büsche, laß uns doch mal nachsehen, was da alles wächst!“, zog er sie mit sich, „komm!“, verschwanden sie im dichten Buschwerk.
Die Sonne war über den Zenit gestiegen, brannte grellhell im blauen Himmel. Die Büsche teilten sich, und die beiden kamen strahlend heraus. Lachend, hintereinander her jagend und tollend, ein verliebtes Pärchen, liefen sie auf das Meer zu, „fang mich doch, du kriegst mich doch nicht!“ Am Abhang blieb er stehen, sie lachte laut auf, „jetzt hab ich dich doch!“, er suchte einen geeigneten Weg, denn hier wurde es steil. „Da!“, seine Blicke waren aufs Meer gerichtet, „da hinten, ein Frachtschiff!“, zeigte er aufs Meer. Weit hinten am Horizont verschwand ein weißer Frachter im Dunst, kam wieder in Sicht, steuerte auf das Leuchtfeuer Cabo de Camarinas zu, überall auf den am weitesten ins Meer hineinragenden felsigen Landzungen sandten Leuchttürme rotes, weißes oder grünes Blinkfeuer aus, das nächste war beim Cabo Tourinan, und auf dieser Seite vom Ria Gallega war El Cabo Muxia, auch ein Leuchtfeuer, nicht weit von der Kapelle. Immer schon waren hier Schiffe auf die Felsen gelaufen, so lange man zurückdenken konnte, immer wenn die Herbst- und Winterstürme das Meer aufwühlten, häuften sich hier die Schiffbrüche. Für die Küstenbewohner war das immer eine Gelegenheit, Strandbeute zu machen. „Ob der wohl aus Afrika kommt, weiter nach Hamburg?“, sinnierte er. „Die Story erzählen unsre Afrikaner ja immer wieder, mit einem Frachter nach Hamburg, und einfach so durch den Freihafen in die Stadt rein, immer ist da ein netter Kapitän, der sie mitgenommen hat. Glaub kaum, daß die wirklich so nett mit diesen Flüchtlingen umgehen, hab da schon andere Geschichten gelesen, wie die mit blinden Passagieren umspringen!“ „Du mußt auch immer an deine Arbeit denken, auch hier lassen dich deine jungen Afrikaner nicht in Ruhe“, wieso war sein Interesse nicht voll bei ihr? selbst im Urlaub mußte er an diese Jungs denken, die er tagtäglich betreute.
Wieder ein Brecher, rauschend floß das Wasser die Felsen runter, ins Meer zurück, weißer Schaum blieb auf den schwarzen Felsen liegen, trieb langsam mit dem ablaufenden Wasser zurück, verflüchtigte sich, Krabben liefen aufgeregt hin und her, dem Wasser nach, „hey guck mal, da!“ rief Barbara ihm zu, auf dem Felsen lag ein nackter Junge, ein Schwarzer, im jetzt etwas ruhigeren Wasser schwammen zwei weitere schwarzbehaarte Köpfe auf die Klippe zu, die zwei Schwimmer tasteten sich vorsichtig die Felsen hoch, der erste erhob sich jetzt langsam, strich sich Dreck und Wasser vom Körper. Fasziniert sah Christoph die nackten Jungs an, hübsche Körper hatten sie. Die hätten auch gut in die Bildbände von damals hineingepaßt, „Boys“, so hieß der Fotoband, den ihm Psary damals so oft gezeigt hatte. „Gib mir mal schnell den Fotoapparat“, „hier, aber, willst du etwa Nacktfotos von den Jungs machen?“, „Ach was, das doch nicht, aber mal handfeste Beweise, wie die wirklich reinkommen, und das ist doch eine verdammt gute Urlaubserinnerung, nicht die alte Leier wie sonst immer, da steht Barbara vor dem Felsen, und hier ist Christoph vor der Kapelle, nein richtig authentische Fotos.“
Die drei Afrikaner blickten flüchtig zu dem Pärchen rüber, sie steckten kurz die Köpfe zusammen, und schon rannten sie die Felsen hoch, den Hang hinauf, auf die Kapelle zu. Da hielt ein Auto, ein weißer Kombi, auf den liefen die drei nackten Jungs zu, der Fahrer öffnete die hinteren Türen und ließ die Jungs einsteigen, und schon raste der Kombi davon. „siehst du“, sagte Christoph, zu Barbara gewandt, „nichts mit Freihafen! Hier kommen sie an Land. Das da eben, im Kombi, das war bestimmt einer von den Schleppern, und jetzt geht es auf dem Landweg nach Deutschland. Moment mal, den Wagen kenne ich doch, damals in Schneverdingen, als die weiße Gestalt mich gerettet hat, ach, davon habe ich dir damals nicht erzählt“, „wie auch, du hattest schon wieder getrunken, wieso DICH gerettet, DU hast doch Wicki aus der Regentonne gerettet!“ „ach ja, getrunken, aber dann so schnell reagieren, ist da nicht ein Widerspruch, meine Liebe? Wo war ich stehengeblieben?, ach ja, und jetzt geht es auf dem Landweg nach Deutschland, und da sagen sie nur das Zauberwort „Asyl“, und schon sind sie drin. Gerettet!“, Christoph fotografierte weiter, „habe noch einige Bilder drauf, und dann kriegen sie Knete für die zu Hause! So, fünf Fotos noch, dann ist der Film endlich voll. “ „He guck doch“, stieß Barbara ihn an, „noch ein Auto!“ Drei Männer stiegen aus, liefen zum Wasser runter, rannten auf den Klippen umher, ningun aquí... donde están...maldita sea...schrien sie durcheinander. „Die suchen die Jungs!“, kommentierte Christoph das Durcheinander, schnell knipste er die letzten Fotos, „so, die habe ich drauf, mal sehen, der Film ist voll.“ Barbara sah ihn fragend an, „was schreien die so?“ „Niemand da! Wo sind sie? Zum Teufel! Verdammt noch mal!“, erklärte Christoph, er sprach Spanisch, „aber was soll das heißen? Verstehe nicht ganz, ob da noch mehr Flüchtlinge kommen sollten? Oder die drei eben?“ Die drei Männer gestikulierten wild, dann rannten sie wieder zum Auto. Starteten, gaben Gas und weg waren sie. Von der Küste her näherte sich ein Hubschrauber, der schien nun das Auto zu verfolgen, er drehte ab in die Richtung, in der das Auto verschwunden war.
Barbara hatte nun auch genug. „Laß uns mal weiter“, sie packte ihn übermütig bei den Händen, „du, gehen wir noch essen? Da in Muxia gibt’s doch bestimmt auch nette Restaurants!“ Sie gingen langsam die Klippen hoch, in Richtung Kapelle, „ist es noch weit zum Auto?“, Barbara keuchte ein wenig, „ich vertrag diese Hitze doch nicht so gut!“ „Okay, wart doch hier!“, rief Christoph ihr zu, „ich lauf eben schnell alleine, hol das Auto hierher!“ und schon rannte er los, da war schon die Küstenstraße, dahinter kam dann gleich die Zufahrt zur Kapelle, da schrie Barbara gellend auf, „Christoph!! Paß auf!“ Den Hügel runter raste ein Lastwagen auf Christoph zu, und vor ihm, er war schon fast auf der Straße, vor ihm blitzte es plötzlich grellweiß auf, „ein Gespenst!“, schoß Christoph ein Gedankenblitz durch den Kopf, er blieb abrupt stehen, „eine weiße Gestalt wie in einer Gespenstergeschichte! Das gibt es doch nicht!“, haarscharf raste der Lastwagen knapp an Christoph vorbei und schlingerte unten um die Kurve in den Ort rein. Sein Herz pochte wild, er atmete tief durch, „Mann, das war knapp!“, griff Christoph nach der weißen Gestalt, die verblaßte, wurde immer durchsichtiger, ein grünlicher Blitz schoß himmelwärts. „Was war das schon wieder? So was kenne ich doch irgendwoher schon?“ grübelte er, sein Blick ging zum Himmel, da war nur noch ein heller Punkt weit oben im blauen Himmel, er sah auf die Straße vor sich, da funkelte etwas leuchtend grün in seine Augen, „was ist das?“ Er bückte sich, „ein Edelstein?“ Er hielt einen ovalen grünlichfunkelnden, glatt geschliffenen Stein in der Hand, „ein Smaragd? Wie kommt der plötzlich dahin? Dieser blöde Lastwagen! „sonst wirst du noch eines Tages wirklich umgebracht!“, schoß es ihm in den Kopf, wie damals, Schneverdingen, der grünliche Blitz, was ist bloß los mit mir?“ Er hielt den Smaragd gegen die Sonne, das Licht durchdrang den Stein, der erglühte, versprühte grünlichglänzende Funken, „wunderschön, dieser Smaragd, so was liegt hier auf der Straße! Das war doch, richtig, damals, in Schneverdingen, da war doch auch ein Lastwagen, und eine weiße Gestalt?“, erinnerte sich Christoph, „das hat irgendwas zu bedeuten, wenn ich nur wüßte was, hat der Smaragd damit zu tun?“ Er steckte den Smaragd in seinen Brustbeutel. „Erzähl ich besser nicht, Barbara denkt noch ich spinne!“
Dores Stimme riß ihn wieder in die Gegenwart, „Ja, und dann kamen die hier“, berichtete Dore aufgeregt, „da passieren in letzter Zeit so viele merkwürdige Dinge, und Boubacar möchte dir was wichtiges erzählen, und diese Drohungen“, „ja was denn? Warum kommt er nicht selber?“ „du warst grade nicht hier, und da kam einer zur Tür rein, da ist Boubacar weggelaufen …“, ein heftiges Rütteln an der Haustür unterbrach Dores Redefluß, die Tür öffnete sich einen Spalt weit, schlug wieder zu, Christoph